Wenn Stempel Wandern
Im Ostharz tut sich etwas. Die Harzer Wandernadel hat ihren Wandernden Stempelkasten an der Schäfereiche bei Bad Suderode aufgebaut und auch andere Stemeplstellen sind in Bewegung geraten. Mit der Schließung des Besucherbergwerks Drei Kronen&Ehrt musste für die Nr.61 ein neuer Standort gefunden werden und in Ballenstedt an der Schloßmühle wurde ein Umsetzen der Nr.181 aufgrund anhaltenden Vandalismus notwendig. Diese neuen Standorte wollten wir unbedingt für euch aufs Korn nehmen, sie erkunden und euch den Weg dort hin zeigen. Als Arena bot sich uns der wilde Osten zwischen Ballenstedt und Rieder an. Der Weg führte, wie bei Harzer Bergwald Touren üblich, nur bedingt über Forstwege. Ob hinauf zur Harzer Grauwacke Rieder, zum Siebersteinstal und später dem Amtmannweg folgend, wilde Pfade waren Hauptprogramm. Kathrin und Thomas haben fleißig für euch Eindrücke gesammelt.
Harzer Bergwald Tourendetails:
Startpunkt: Parkplatz unterhalb der Roseburg Länge: 16 Kilometer Stempel Harzer Wandernadel: 61, 181, 182 Download: GPX-Datei | ||
Die neue Nr.61 an der Harzer Grauwacke Rieder
Als Ausgangspunkt dieser Tour eignet sich hervorragend der große Parkplatz unterhalb der Roseburg. Wem noch Zeit nach der Wanderung bleibt, der sollte unbedingt einen Abstecher in die Burg machen. Der erste Teil unserer Tour führt über die steinerne Brücke am Siebersteinsbach zum Fürstenweg. Wir zweigen rechts ab und schwenken kurz vor der Auffahrt zum Steinbruch nach Süden in den Harzwald. Hier trägt uns ein Wildpfad direkt neben einem Bächlein den Berg hinauf. Jetzt zur Winterzeit lassen sich wunderbar die zahlreichen Spuren der Tiere im Schnee nachverfolgen. Wildschweine haben ausdauernd im Boden nach Nahrung gewühlt. Am Wegrand warnt bald ein Schild vor Sprengungen, denn wir nähern uns dem Grauwackebruch. Nach wenigen Metern kommt dann auch schon die neue Stempelstelle Nr.61 der Harzer Wandernadel in unser Blickfeld. Sehr schön gestaltet, mit einer kleinen Besucherplattform und einer Schautafel ermöglicht dieser Platz einen Überblick über den Grauwackebruch und die nähere Umgebung. Auf unserer komoot-Karte könnt ihr die genaue Lage durch das Foto erfahren. Die Entfernung zu unserem Startpunkt liegt bei etwas mehr als zwei Kilometer Wegstrecke.
Über den Siebersteinsbach zum Schirm
Von der Stempelstelle Nr.61 geht es nur einige Meter über Fortswege und dann wieder weiter über verwilderte Pfade hinab ins Siebersteinstal. Dort erwartet uns der Große Siebersteinsteich. Er ist zum Teil abgelassen und ansonsten von einer geschlossenen Eisfläche bedeckt. Wir überqueren den Siebersteinsbach und haben unsere Freude an den Formen im Eis, die das Schmelzwasser heraus spült. Kathrin entdeckt sogar ein Herz in der immer dünner werdenden Eisdecke. Bis zur Bundesstraße 185, in diesem Bereich auch Alexanderstrasse genannt, bringt uns ein Forstweg. Wir überqueren die Straße und Kathrin weist mich sofort auf eine uns selbst auferlegte Pflicht hin. Ab sofort möchten wir euch für jede Tour die relevanten Rettungspunkte mitliefern. So seid ihr im Ernstfall in der Lage, Rettern eine korrekte Angabe zu machen, an welchem Rettungspunkt man euch finden kann. Einen solchen Punkt, den HZ F-3260, findet ihr an unserem Straßenquerungspunkt an der Alexanderstraße. Die genaue Position entnehmt ihr bitte der komoot-Karte oder dem Geo-Tag der Fotos.
Schon wenige Meter weiter sehen wir Tierspuren im Schnee, die respekteinflößend groß sind. Beide sind wir sicher, dass es sich um einen wirklich großen Hund handeln muss. Das Rätsel wurde recht bald gelöst. Eine Meute von vier Französischen Bulldoggen aus der Zucht Bullys von Sachsen-Anhalt, gefolgt von einer riesigen Dogge, tauchte vor uns auf. Sofort stürzten sich die Kleinen auf uns. Ihr großer Begleiter nahm eher weniger Notiz von uns. Die Frenchis waren voll auf Schmusekurs, was wir dann auch ausnutzten. Wir tauschten mit Annett, der Züchterin, ein paar nette Worte und persönliche Daten. Man möchte schließlich nicht als Unbekannter weiterziehen.
Bald hatten wir den Schirm erreicht. Zeit für eine Teepause und Bilder von dieser liebevoll eingerichteten Stelle. Hier befindet sich auch der Stempel Nr.182 der Harzer Wandernadel. Nach den obligatorischen Fotos sollte es wieder auf die typischen Harzer Bergwald Pfade gehen.
Das Geheimnis der 181
Durch dichte Wälder führt unsere Wanderung in Richtung Ballenstedt über den Fünf-Groschen-Weg direkt am "Armen Heinrich" vorbei, einem ca. 500 Jahren altem Sühnekreuz. Viele Geschichten und Sagen ranken sich um den Ursprung dieser Stelle. Unter anderem sollen an dieser Stelle viele Waffen gefunden worden sein und es wird vermutet, dass an diesem Ort Aufständische aus dem Bauernkrieg begraben wurden. Carsten Kiehne von Sagenhafter Harz hat uns freundlicherweise die von ihm aufgeschriebene Sage zur Verfügung gestellt:
"Einst zog ein Bettler in der Gegend um Ballenstedt und Harzgerode seine Runden. Stets war er guter Dinge, nahm nicht mehr der Gaben, als er wirklich nötig hatte. Im Gegenzug für‘s Erbettelte erzählte er Geschichten die er unterwegs aufgeschnappt hatte. Die Kinder liebten den „Armen Heinrich“ (so ward er überall genannt) und liefen ihm entgegen, sobald sie ihn erblickten. Manch Eines brachte ihm einen Apfel, ein Ei oder einen Kupferpfennig. Anschließend lauschte alles mit hellen Ohren und großen Augen den zauberhaften Worten die fremde Welten lebendig machten.
Der arme Heinrich konnte mit Tieren sprechen, dem Wind seine Geheimnisse ablauschen und hatte eine Nixe zum Weib, sagte man. Und auch von den großen Menschenkindern wurde er oft sehnlichst erwartet, wusste er doch um die kleinen und großen Wunder: Wie mit dem Wasser des Schweigens die Liebe überlebt; mit welchem Verslein der Pflanzengeist angesprochen werden will, so dass die Kräuter ihre Heilkraft entfalten; und wie man die Fische in den Weihern ruft, so dass sie von selbst ins Netz hinein springen!
Doch irgendwann kam der Arme Heinrich nicht mehr, war weder in Ballenstedt noch in Harzgerode aufzufinden. Ach und endlich stolperte ein Oberförster über seinen Leichnam. Ganz ausgemergelt lag er auf der Wegekreuzung oberhalb des 700-Taler-Pfades. Wie der Weg zum Namen kam, fragt ihr?
Nun, der Förster wollte die Leiche des armen Heinrichs gerade schultern und ihn nach Ballenstedt zum Friedhof tragen, als ihm das Gewicht des Bettlers allgleich wieder zu Boden zog. Weshalb war der Bettler-Tor nur so schwer? Der Förster schaute in seinem Mantel nach und fand dort ein Vermögen von 700 eingenähten Talern. Eigentlich war der „Arme Heinrich“ also ein gemachter Mann. Mit dem Batzen Geld eröffnete man in beiden Gemeinden Armenhäuser und setzte vom Restgeld dem „Armen Heinrich“ ein Gedenkkreuz. Bis heute steht das Mahnmal im Wald uns an diesen Mann zu erinnern, der nichts für sich selbst besaß und doch so vielen anderen zu geben vermochte"
Viele weitere von Carsten Kiehne aufgeschriebene Sagen könnt ihr in seinen Büchern wiederfinden.
Wir überqueren eine große versumpfte Wiese, erreichen den Amtmannweg und gelangen über diesen an den Röhrteich. Die teils sehr tiefen Temperaturen der vergangenen Tage haben eine geschlossene Eisdecke entstehen lassen, welche tief hängende Zweige einer Weide in fester Umklammerung hält. Dieser Teich strahlt eine unglaubliche Ruhe aus. Nach dem Röhrteich verlassen wir den Amtmannweg nach Westen und gehen zur Alexanderstraße zurück. Dort steht der zweite Rettungspunkt unserer Tour, der HZ F-3121. Über die Alte Kreipe ziehen wir durch lichte Eichenwälder und streben unserer letzten Stempelstelle des Tages entgegen. Doch kurz vor dem alten Standort der 181 wird uns klar, die haben wir wohl verpasst. Wir gehen zurück, überprüfen unsere Koordinaten und stellen fest, dort wo sie sein sollte, ist sie nicht. Wir waren schon beinahe am Aufgeben, als wir sie doch bei den Forstmeister-Tannen erblicken. Nur wenige Meter vom Glockenteich entfernt liegt dieser stille Bereich oberhalb des Ballenstedter Schlosses. Diese Wahl begrüßen wir sehr, eine sehr schön hergerichtete Stempelstelle. Wer bisher Probleme hatte, diese zu finden, folgt ab sofort einfach unserem Track.
Entlang der Alten Kreipe streifen wir den alten Standort der 181 am Eingang zum Schlosspark. Über den Fürstenweg erreichen wir den Ausgangspunkt unserer Tour, den Parkplatz unterhalb der Roseburg. Bei unserem nächsten Besuch werden wir auch die Burg mit einbeziehen.
Fazit
Wer suchet der findet! Wir hatten uns auf den Weg gemacht, um eine neu errichtete und eine verlegte Stempelstelle der Harzer Wandernadel aufzusuchen. Dieses Vorhaben entwickelte sich zum Ende hin in eine tolle und erfolgreiche Schnipseljagd. Unsere Trophäe war der korrekte Standort der 181. Dazwischen lagen viele Kilometer spannender Wanderung über zahlreiche Wildpfade im Ostharz. Die Belohnung für Stempeljäger sind die Stempel Nr.61, 181 und 182. Bringt unbedingt genug Zeit mit, um noch die Roseburg nach der Wanderung zu besuchen. Die ca. 16 Kilometer lange Tour bietet sehr viele Stellen zum Rasten und ist für Wanderer mit guter Grundkondition leicht zu bewältigen.
Die Komoot-Karte zur Tour:
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