Mein letztes Training für die Zugspitze lag am 02.Juni 2016 an. Ich nenne die Tour Wasserfall! Warum? Lest nur, dann werdet ihr es schon bemerken.
Graue Theorie
Ich plante eine Tour bei Wernigerode. Zwei Touren aus unserer Tourenliste, plus noch das eine oder andere Extra waren in der letzten Trainingsrunde enthalten. Unsere Tour "Wandern Rund um die Steinerne Renne", sowie die Tour "Schierkes Klippen" waren zum Kontrollgang mit eingepflegt. Da ich noch ein privates Anliegen auf der Leistenklippe hatte, Stempelstelle 15 der Harzer Wandernadel, verlängerte ich die Planung bis dorthin. Weil mir die Streckenlänge aber immer noch nicht ausreichte, beschloss ich die Schnarcherklippen 14, die Aussicht am Barenberg 20, die Elendsburg, sowie die Stempelstelle 21 Helenenruh ebenfalls anzulaufen. Der Rückweg sollte über den Trudenstein, Bahnhof Drei-Anne-Hohne, Elverstein 29, zum Parkplatz historisches Wasserwerk Steinerne Renne verlaufen. Diese Strecke hatte so noch mal einiges für die letzte Trainingseinheit zu bieten. 1549 Höhenmeter auf der gesamten Strecke, eine gute akzeptable Länge von etwa 43 km, viele Klippen mit tollen Aussichten oder gemütlichen Pausen, einige Stempelstellen der Harzer Wandernadel und Wasser... Hmm... Ja, vom letzteren hatte ich letzendlich reichlich. Ich wollte diese Runde absolut locker machen. Kein Stress, nicht zu viel Power, keine übertriebene Gehgeschwindigkeit. Die Runde sollte mich nur in Bewegung halten und die Ausdauer fördern. Doch daraus wurde nichts. Davon später mehr.
Lasst uns zunächst starten
Hochmotiviert und vom Wetter positiv überrascht traf ich um 7 Uhr am Parkplatz "Historisches Wasserwerk Steinerne Renne" ein. Die Sonne zeigte sich zwischen den noch grauen Wolken, die langsam aufzogen und freie Sicht in den blauen Himmel erlaubten. Die Vögel zwitscherten und trillerten mir ein Willkommensständchen. Ich ging über die Gleise der "Harzer Schmalspurbahn" und blieb geradeaus auf dem Weg in den Wald hinein. Das, was ich jetzt sehr laut rauschen hörte, war ein Fluss. Es war die "Steinerne Renne". Durch den vielen Regen der letzten Tage floss sehr viel Wasser im steinigen Flussbett entlang. Was für ein Getöse... Herrlich! An der Betonbrücke hielt ich mich rechts und überquerte sie. Meine ersten Bilder und Videoaufnahmen des Tages waren hier fällig. Ich schwelgte in Erinnerung. Thomas Schmidt und ich begannen hier einst unsere ersten gemeinsamen Gehversuche. Es war der 06. Dezember 2015. Aber bleiben wir doch bei dem letzten Trainingstag für die Zugspitze. Der Fluss rauschte laut hörbar an meiner linken Seite. Die Holzbrücke hier ist leider schon sehr dem Verfall preisgegeben. Die Querbalken waren noch in Ordnung, aber die Längsstämme waren gebrochen. Mit einem vorsichtigen, aber beherzten Schritt überquerte ich die Wasserstelle. Drunter durch floss ein Quellbach. Schon gleich darauf bog ich rechts in einen "Harzer Bergwald" typischen schmalen Waldweg. Eine Rosenschere brauchte ich zwar noch nicht, aber der Weg war schon gut bewachsen. Diesem Weg folgte ich bis zum Splittweg hinauf. Ich liebe solche Wege...
Gewitter am Oberförster Koch Denkmal
Etwas weiter oben bekam ich die ersten Klippen zu Gesicht. Von meinem Auto war ich gerade mal etwas über einen Kilometer entfernt. Trotz dass die Sonne schien, nahm ich aus der Ferne ein Donnern wahr. Ich tat es ab und sagte lässig: "Das ist weit weg. Ich kann ruhig weiter gehen." Am "Wernigeröder Bürgerbrunnen" strahlte die Sonne mir entgegen. Die Laubblätter wurden kurz goldfarben durch die Lichteinwirkung. Das Wasser plätscherte schön ruhig in diesem Brunnen. So beschloss ich schon jetzt eine kleine Pause einzulegen. Sie bestand aus einem oder zwei Schluck Wasser von meinem Mitgebrachtem aus dem Rucksack. Abermals hörte ich ein Gewittergrollen. Auch das war sehr weit weg. So ging ich also weiter und kam zur Mönchsbuche. Als ich dort eintraf, ärgerte ich mich über den dort vorgefundenen Müll, der hier in einem verlassenen, kalten Lagerfeuer abgelegt war. In solchen Erlebnisberichten darf ja nichts negatives rein. Mehr will ich dazu auch nicht sagen... Ich möchte nur daran appellieren, dass wir alle selber für unsere Umwelt verantwortlich sind. Geht es dem Wald irgendwann nicht mehr gut, dann geht es uns Wanderern auch nicht mehr gut. Das, was ich mit in den Wald nehme, bring ich auch wieder mit nach Hause. So halte ich das mit Müll und den benutzten Taschentüchern. Aber das soll jetzt auch wirklich genug dazu sein. Die Mönchsbuche sah jedenfalls sehr mystisch aus. Komischerweise zog hier etwas Nebel um die Baumkrone. Wo der plötzlich herkam? Ich weiß es nicht. An diesem Ort war eine besonders hohe Luftfeuchtigkeit zu spüren und die Mücken tanzten um mich herum. Bevor ich mich stechen ließ, zog ich weiter. Ich folgte dem "Oberförster Koch-Weg". An einer freien Stelle bekam ich Sicht nach Wernigerode. Der Ort war pech-schwarz, Blitze zuckten aus dem Himmel und es donnerte jetzt viel lauter. Ich konnte gerade noch ein Reh erkennen, was durch das hohe Gras und den kleinen Fichten flüchtete. Die Vögel sangen aber noch immer sehr schön. "Oh, da zieht etwas auf" waren meine Worte. Aber ich hatte ja einen Regenschutz-Poncho, also ging es weiter. Am "Oberförster Koch-Denkmal", Stempelstelle 25, begann es leicht zu regnen. So zog ich mir den Regenponcho über, machte noch Videoaufnahmen und Fotos, dann ging ich weiter auf meiner geplanten Route. An der nächsten Lichtung, ich war keine 300 Meter vom Denkmal entfernt, zog sich der Himmel pech- schwarz zu. Ein heller Blitz zuckte aus den dunklen Wolken, danach folgte ein sehr lautes Donnern. Jetzt wurde mir etwas mulmig. Das Gewitter stand fast über mir. Kurz nach dem lauten Donner begann es zu schütten. Wie aus Eimern gegossen fiel der Regen vom Himmel. Auf dem Weg bildeten sich Wasserblasen und kleine Rinnsäle. Ich entschloss mich zum Rückzug. Die Tour war noch zu lang, um sie bei Starkregen weiterzugehen. Das Gewitter war auch nicht gerade ungefährlich. Sicherheit und Vernunft haben vor dem Wandererlebnis und sportlichen Highlights Vorrang. Ein guter Wanderer muss auch mal aufgeben können. Gerade bei Gewitter und Starkregen gibt es nichts mehr zu diskutieren. Solche die sagen, dass man ein Weichei ist, nur weil man zum Selbstschutz aufgibt, braucht man nicht ernst zu nehmen. Sie sind meist für Rettungskräfte und sich selbst eine Gefahr.
Rückzug
So ging ich mit etwas leicht erhöhtem Tempo auf dem selben Weg zurück, den ich gekommen war. Unterwegs bemerkte ich schon, dass aus kleinen Bächen größere geworden waren. Das Wasser lief über die Wanderwege und nahm den ersten Erdboden mit, es war leicht braun. Mein Poncho, oder besser gesagt ich selbst, war trotz Regenschutz innerhalb von 10 Minuten bis auf die Haut durchnässt. So war mir bewusst, dass ich mich richtig entschieden hatte. Mein Hut, der eh schon immer halb schlapp herunterhängt, ließ seine Ohren zu allen Seiten vor triefender Nässe hängen. Das Regenwasser lief mir bereits an der Nasenspitze herunter, meine Brille beschlug. Ich setzte sie ab und war erstaunt, wie schön klar man doch gucken konnte. Ich nahm es einfach mit Humor. Erst ärgerte ich mich über den Abbruch, warf mir sogar vor ein Feigling zu sein. Als ich klitschnass war und meine Brille verstaut hatte, konnte ich darüber lachen und scherzen: "Also einen Arschvoll hab ich heute bekommen. Ja... So kann man das sagen." Ich hab ab da an über mich selber gelacht. An der Steinernen Renne lief noch mehr Wasser im Flussbett, als ich hoch ging. Das Wasserrauschen war noch viel lauter. Ich muss aber auch zugeben, dass jeder Tropfen Wasser auf meinen Regenponcho platschte, was auch nicht gerade leise war. Weiter unten, kurz vor der Betonbrücke, war mir plötzlich nach Singen. Und so sang ich den mir passend erscheinenden Song: "I am singing in the Rain..." von Frank Sinatra. Noch heute kann ich darüber lachen. Im nachhinein muss ich zugeben, dass ich doch noch sehr viel Spaß hatte. Am Auto war ich jedenfalls sehr froh, dort angekommen zu sein. Völlig durchnässt bis auf die Haut fuhr ich durch Wernigerode nach Hause. Die Feuerwehr hatte dort schon reichlich zu tun, denn sehr viele Straßen standen unter Wasser. Später, zu Hause, erfuhr ich durch Facebook von sehr vielen überfluteten Kellern und der Verkehrstunnel stand ebenfalls unter Wasser. Ich kam unbeschadet nach Hause. Bis auf dass ich nur noch zum Auswringen getaugt habe, war weiter nichts. Meine komplette Wäsche ging gleich in die Waschmaschine. Meinen Rucksack hing ich auf, der gar nicht so schlimm etwas abbekommen hatte und meine Wanderschuhe trockneten am nächsten Tag bei herrlichen Sonnenwetter im Schatten. Papier half zur Innentrocknung der Wanderschuhe.
Fazit:
Gut die Tour war futsch. Für ein weiteres Training hatte ich keine Zeit mehr. Die Wandersachen mussten ja schon für Garmisch-Partenkirchen fertig gemacht werden. So musste ich leider auf meinen persönlichen Gang zur Leistenklippe über den Bärenstieg verzichten. Ich hätte ihn gern noch im Training dabei gehabt. Ein paar Tage später ging ich auf die Zugspitze und ich merkte, dass mir dieser Weg gefehlt hat. Aber davon später im Bericht Zugspitze ;)
Abschlusswort
Ich bedanke mich bei allen, die mir bisher Zuspruch und Mut gegeben haben mein Ziel zu erreichen. Jetzt ist es mit dem Training zu Ende und der Aufstieg kommt in ein paar Tagen. Ich bin schon völlig nervös und aufgeregt. Desweiteren darf ich gespannt sein, wie es wohl dort oben wird. Es hat vor zwei Tagen nochmal Neuschnee gegeben. Es muss gigantisch werden... Ich freue mich wie ein kleines Kind, was zum ersten Mal in die Ferien fährt. Ihr werdet von mir hören, ich berichte euch von meinem Zugspitzgang.
Bis dahin... Euer Thomas
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